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       AN JOHANNA

Oft hör' ich deine Schritte 

Durch die Gasse läuten. 

Im braunen Gärtchen 

Die Bläue deines Schattens. 

 

In der dämmernden Laube 

Saß ich schweigend beim Wein. 

Ein Tropfen Blutes 

Sank von deiner Schläfe 

 

In das singende Glas 

Stunde unendlicher Schwermut. 

Es weht von Gestirnen 

Ein schneeiger Wind durch das Laub

 

Jeglichen Tod erleidet, 

Die Nacht der bleiche Mensch. 

Dein purpurner Mund 

Wohnt eine Wunde in mir. 

 

Als kam' ich von den grünen 

Tannenhügeln und Sagen 

Unserer Heimat, 

Die wir lange vergaßen - 

 

Wer sind wir? Blaue Klage 

Eines moosigen Waldquells, 

Wo die Veilchen 

Heimlich im Frühling duften. 

 

Ein friedliches Dorf im Sommer 

Beschirmte die Kindheit einst 

Unsres Geschlechts, 

Hinsterbend nun am Abend-

 

Hügel die weißen Enkel 

Träumen wir die Schrecken 

Unseres nächtigen Blutes 

Schatten in steinerner Stadt.

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Johanna war der zweite Vorname von Trakls Lieblingsschwester Margarethe.

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